Von „Ich schaffe das easy, kein Problem“ zu hoffnungsloser Trauer, zu zwanghaftem Schweigen, zu Zur-Uni-hüpfen und funktionieren, zu Wäschemachen, zu Schreien-Wollen, zu „Ich weiß nicht, wie ich mit irgendwas hier umgehen soll verdammte Scheiße!“, zu ernsten Gesprächen beim Kochen und Fliegengitteraufhängen, zu nachts wachliegen und nie schlafen wollen, zu bodenloser Erschöpfung, zurück zum Funktionsmodus, zurück zur Dissoziation, zurück zu-
Meine Gefühlswelt spielt Ping-Pong und ich bin der Ball. Auf mich drescht es ein, als gäbs kein Morgen mehr, als sei das hier die Olympia. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal gefrontet habe. Aber es muss heute gewesen sein? Ich glaube in der Uni? Irgendjemand hat in der Zwischenzeit geduscht, und ein paar Videos geguckt. Ich habe blaue Flecken von der Physiotherapie. Überall in meinem Körper brennt es und tut weh, aber ich nehme es nur im peripheren Sichtfeld war, alles ist außerhalb meines Fokus. Mein Fokus ist die Verzweiflung die nicht aufhört mich mit meinem kleinen Boot durch ihre Wellen zu schmeißen, in der Hoffnung ich lande wie ein Schiffsbrüchiger ganz am anderen Ende des Systems. Vielleicht wird es wirklich wieder Zeit für einen Wechsel im Alltagsteam… vielleicht sollte ich einfach gehen.
Aber wohin? Ich hab nirgends einen Ort, an dem ich bleiben könnte. Ich gehöre an die Front, und wenn ich nicht da bin dann… bin ich einfach nicht. Vielleicht hab ich mir ja jahrelang eingebildet, dass es mich gibt. Vielleicht bin ich einfach nur ein Programm, angeschmissen durch den Stress des Alltags, das wunderbar funktioniert solange es nicht mit Emotionen konfrontiert wird.
Da ist so viel Müdigkeit wegen der Odyssee irgendwie endlich finanzielle Unterstützung zu kriegen, trotzdem weiterhin zweimal die Woche zu arbeiten und in fünf verschiedene Kurse zu gehen, nicht den Faden zu verlieren, nicht die Wohnung vermüllen zu lassen, mich nicht allzu rar zu machen bei meinen Freunden. Da ist so viel Müdigkeit wegen der beständigen emotionalen Chaos das ich nicht aussprechen kann, das ich zuteils nicht einmal aufschreiben kann. Es lohnt sich nicht, darüber zu schreiben wenn ich selbst nicht einmal weiß was es ist, das mich da bedrückt. Ich weiß nur, dass alles zu viel ist, alles ist zu bunt und zu laut, und es möchte alles auf einmal gefühlt werden. Und dann kommt die Trauer dazu, die alte und neue, und schlägt mir mit voller Wucht in den Brustkorb und breitet sich überall aus wie Gift in meinen Venen und legt mich für mehrere Stunden komplett lahm. Dann kann ich nichts machen als die Wand anstarren und Schweigen, so schmerzhaft laut dass es mir in den Ohren klingelt, und ich kann nicht mal auf alltägliche Fragen antworten, denn ich kann nicht denken. Immer wenn ich versuche, dann mein Hirn anzuschalten, befindet sich gähnende Leere hinter mir, ein schwarzes Loch das jeden kohärenten Gedanken in sich hineinsaugt und zu einer einzigen, schwarzen Masse formt, das es der Trauer füttern kann. Vielleicht ist das meine Singularität.
Es gibt Dinge, die ich nicht einmal hier auf diesem Blog ansprechen kann. Die durch mich hindurchschießen mit Lichtgeschwindigkeit, und es ist mir vollkommen unmöglich sie festzuhalten und zu verworten, wenn mich wieder jemand besorgt anstarrt und fragt „Was ist los?“
Vielleicht frage ich das so oft meine Freunde. Weil ich hoffe, nahezu bete, dass ich in ihren Antworten auch eine Wahrheit für mich finde.